HERR, der du mich erforschst und kennst
Der du mich beim Namen nennst
Ob ich sitze oder stehe
Worum sich ein Gedanke drehe
Von ferne kannst du ihn schon lesen
Du beobachtest mein Wesen
Bist vertraut mit meinem Wege
Bevor ich Worte auf die Zunge lege
Du kennst schon alle, du bist nah
Deine Hand über mir ist immer da
Diese Erkenntnis kann ich nicht fassen
Alles zu verstehen, das muss ich lassen
Wohin sollte ich gehen vor deinem Geist
Wie heißt der Ort, von dem du nicht weißt
Wöllte ich hoch zum Himmel steigen
Würdest du dich mir dort zeigen
Stiege ich hinab zum Totenreich
Zeigst du dich mir dort sogleich
Nähme ich der Morgenröte Flügel
Und flöge über Wasserhügel
Wo Meereswinde furchtbar walten
So würde deine Hand mich halten
Spräch' ich: "Finsternis soll mich bedecken,
Licht werde zu Nacht in allen Ecken!"
So wär' Finsternis für dich wie Licht
Und dunkle Nächte gäb' es nicht
Denn du hast gebildet meine Nieren
Mich gewoben im Schoß meiner Mutter ihren
Du hast mich wunderbar gemacht
Ich danke dir, mein Herzlein lacht
Wunderbar sind deine Werke
Schöpfertum, deine große Stärke
Verhüllt war auch nicht mein Gebein
Verborgen konnt' vor dir nichts sein
Gewirkt tief unten auf der Erde
Sahen deine Augen, was ist und werde
Aus mir, einem ungeformten Keim
In Mutters Schoß und meinem Heim
In deinem Buch waren schon geschrieben
Alle Tage, die mir noch blieben
Als noch keiner von ihnen war
Deine Gedanken sind mir kostbar
O Gott, wie viele sind es doch
Unzählbar wie der Sand nur noch
Wenn ich erwache, bin ich bei dir
Nimm nur die Gottlosen weg von mir
Wölltest du sie nicht schon strafen
Noch können sie in Ruhe schlafen
Doch sie verlästern deinen Namen
Sagen zu Lügenworten: "Amen!"
Sollt' ich nicht deine Feinde hassen
Meinen Grimm von ihnen lassen
Der sich mit deinem jetzt verbindet
Weil man so viel Hass empfindet
Erforsch' mich, Gott, erkenn' mein Herz
Prüfe mich in Freud' und Schmerz
Und ob ich bin auf bösem Pfad
Mach' alle meine Wege g'rad